Ein Highlight im diesjährigen Wanderruder-Programm
war die einwöchige Frankreich-Rudertour auf der Marne, an
der 16 Ruderinnen und Ruderer der Bonner
Ruder-Gesellschaft teilgenommen haben. 200 Kilometer
Genussrudern auf dem Lac du Der-Chantecoq und auf der Marne durch
die sehr schöne Landschaft der Champagne und Picardie von
Épernay nach Meaux.
Wie die meisten Rudertouren begann
auch diese in aller Herrgottsfrühe am Samstag, den 31.05. um
7.00 Uhr am Bootshaus. Mit zwei Kleinbussen und Hänger ging es
ab Richtung Lac du Der-Chantecoq, dem größten Stausee
Frankreichs, der Paris und das Marne-Tal vor Hochwasser
schützt und die Seine und die Hauptstadt in Trockenzeiten mit
ausreichend Wasser versorgt.
Durch eine Brücke ist dieser
See in zwei Teile geteilt. Den kleineren Seeteil hatten wir uns
nach der Ankunft am Samstag zum Einrudern vorgenommen. Beim
Aufriggern der Boote mussten wir mit großem Schrecken
feststellen, dass bei einem Boot während des Transports eine
Rollschiene verloren hatte. Woher nun eine neue nehmen? Zum
Glück wollte eine Teilnehmerin erst am Sonntagabend auf unsere
Gruppe treffen, so dass durch mehrere Telefonate mit unserem
Bootsmeister ein Rettungspaket zusammengestellt werden konnte.
Sonntagabend traf dann die Ruderkameradin am Bahnhof in
Chalons-en-Champagne mit einem kompletten Rollbrett nebst
Akkubohrer und Schrauben ein.
Aufgrund der fehlenden Rollschiene
mussten wir allerdings am Samstagnachmittag mit wechselndem
Kielschwein rudern. Auch am Sonntag hieß es nochmals einen Tag
mit Kielschwein auf dem Stausee rudern, diesmal auf dem
größeren Teil. Der aufkommende und immer stärker
werdende Wind ließ uns gegen Mittag auf dem Privatgelände
eines Sportclubs notlanden. Ein freundliches Clubmitglied brachte
die Autofahrer zu unserem Hänger und den beiden Bussen am
Ausgangspunkt zurück.
Am Montag, dem 01. Juni sollte dann
die eigentliche Marnetour in Épernay, dem ursprünglichen
Sitz der
Champagnerproduktion beginnen. Überragt wird die Stadt
von einem venezianisch anmutenden 60 m hohen Turm eines ehemaligen
Champagnerhauses.
Man findet in dieser Stadt
zahlreiche Champagnerkellereien, jedoch nur schwer eine
Einsatzstelle für unsere Boote. Der Ruderwart des
örtlichen, privaten Ruderclubs verwehrte uns den Zutritt. So
abgewiesen fuhren wir ein paar Mal durch den Ort hin und her und
das alles mit beladenem Anhänger, der aufgrund enger
Wegverhältnisse abgehängt, gewendet und wieder
angehängt werden musste. Nach geraumer Zeit fanden wir einen
Campingplatz mit Kanuclub und ausgezeichneter Steganlage. Nun
hieß es erst einmal, das defekte Boot mit der fehlenden
Rollbahnschiene auszustatten. Mit Hilfe eines handwerklich begabten
Ruderkameraden wurde gebohrt und geschraubt, frei nach dem Motto:
sitzt, passt und hat Luft. Es wurde der leicht gängigste
Rollplatz im Boot.
Nun wieder komplett bestückt,
ruderten wir die Marne zunächst flussaufwärts in
völlig naturbelassener Umgebung und kehrten nachmittags zum
Kanuclub zurück, der mittlerweile von einem Schwarm Kindern
belagert wurde, die dort einen Kajakkursus absolvierten. Neben dem
Clubgelände gab es ein Gartenlokal mit einer netten
deutschsprechenden Bedienung. Mit einer Runde Champagner wurde der
erfolgreiche erste Marnetag ausgeläutet.
Wir durften über Nacht unsere
Boote auf dem Clubgelände lagern, mussten aber am
nächsten Tag pünktlich um 9.00 Uhr die Pritsche
freimachen, um den Kajak-ausbildungsbetrieb nicht zu stören.
Daher gab unser Fahrtenleiter, Heinz Oessenich, abends im
Hotel die Parole 6 - 7 - 8 aus. Für Eingeweihte bedeutet dies:
6 Uhr aufstehen, 7 Uhr frühstücken und um 8 Uhr Abfahrt
vom Hotel zum Kanuclub.
Dienstag 02.06.2015 - Beginn der
eigentlichen Marnetour:
Wir befahren die erste Schleuse hinter Cumières bei
Épernay. Eine Ruderkameradin hatte im Vorfeld für unsere
Boote Vignetten und alle möglichen Erlaubnispapiere bei den
französischen Behörden besorgt. Neben der
Rettungswestenpflicht besteht auch für schmalere Sportboote
die Verpflichtung, ein Motorboot als Begleitfahrzeug in den
Schleusen mitzuführen, damit die Lichtschranke für die
Schleusenautomatik wirksam werden kann. Mit Rettungswesten waren
wir alle ausgestattet, jedoch woher ein Motorboot nehmen? Mit
Charme und guten Französischkenntnissen geschaffte die
Fahrtenleitung, den Chef der Schleuse zu überzeugen, dass wir
erfahrene Ruderer sind und wir bitte ohne Begleitboot und
Lichtschrankenautomatik geschleust werden möchten, also vom
Schleusenwärter persönlich. Von nun an wurden wir von
Schleuse zu Schleuse sozusagen weitergereicht und alles hat
hervorragend geklappt.
Wir konnten die smaragdgrüne
Marne bei schönstem Wetter genießen. Der Fluss ist wenig
befahren. Meistens hatten wir das Wasser für uns drei Boote
alleine. Wir teilten uns den Fluss nur noch mit Schwänen und
ihren Jungen, mit Gänsen, Enten und manchmal auch mit
Eisvögeln.
Weil alles so schön klappte, wollten wir während
einer der Mittagspausen ein Picknick veranstalten. Der Landdienst
wurde gebeten, die notwendigen Zutaten zu besorgen. Man muss im
Nachhinein sagen, die Jungs konnte man schicken. Sie bereiteten uns
ein Picknick der Sonder-klasse zu mit drei verschiedenen Sorten
Champagner, Brie de Meaux, Tomme de Savoie, Oliven, getrockneten
Tomaten, Salami mit Nüssen, Baguettebrot, marinierten Sardinen
und Waffeln. Das alles wurde auf einem Karton hübsch als
Buffet angerichtet. Es gab Pappteller, Papierservietten und
Plastikbecher. Sie hatten an alles gedacht und uns einen lauschigen
Anlegeplatz in Saacy sur Marne mit schattenspendenden Bäumen
und einer guten Steganlage ausgesucht.
Was wäre eine Wanderfahrt ohne
Hotels? Hier hatte einer unserer Mitruderer vorab ganze Arbeit
geleistet. Unter der Maßgabe, dass die Hotels strategisch
günstig liegen, einen gewissen Komfort bieten und auch noch
bezahlbar sein sollen, hat er in den Städten
Chalons-en-Champagne, Chateau Tierry und in Meaux entsprechende
Unterkünfte gebucht. In der Nähe der Unterkünfte gab
es meist einen Supermarché, in dem wir uns mit Wasser, Obst
und den notwendigen Snacks für tagsüber versorgen
konnten.
Die Gastronomie im letzten Hotel
unserer Etappe in Meaux war mit 16 hungrigen und durstigen Ruderern
und noch einer Gruppe ebenso durstiger und hungriger Radfahrer
ziemlich überfordert. Neben dem Ein- und Auschecken musste der
Hotelier auch noch für kühlende Getränke,
Bestellungen und Bedienung sorgen. Kurzerhand übernahm eine
unserer Ruderkameradinnen den Service. Sie hatte flugs alle
Bestellungen unserer Gruppe aufgenommen und sie dem Chef fein
säuberlich aufgelistet und in bestem Französisch
übergeben.
Der letzte Rudertag am Freitag war
der heißeste Tag. Die Steuerleute ruderten uns zum
Abkühlen
unter überhängende Äste. Das unvermeidliche Gewitter
ereilte uns erst, als wir schon geborgen und bei einem kühlen
Bier im Hotel in Meaux saßen.
Wir sind in 7 Tagen ca. 210 km
gerudert, davon das meiste auf einem wunderschönen Fluss in
ursprünglicher Landschaft, verträumten kleinen
Städtchen und Orten mit freundlichen und hilfsbereiten
Menschen, die sogar den deutschen Gästen zuliebe deutsche
Vornamen annehmen, wie eine Bedienung namens Gertrude Monika, die
aber eigentlich Corinne hieß und den Herren freundlich die
Schulter klopfte und uns Frauen ein Gläschen Champagner
ausgab. So geschehen in Chalons-en-Champagne.
Samstag, den 6. Juni hieß es
dann, Abschied und Kurs auf Bonn nehmen.
Ein großes Dankeschön
gilt unserem Fahrtenleiter und Wanderruderwart Heinz Oessenich. Er
bereitet uns nun schon seit 27 Jahren diese einmaligen Touren. Wir
danken ihm für seine hervorragende Planung, seine
Flexibilität, seine Umsicht mit Mensch und Material und
für eine wunderschöne, unvergessliche Woche an und auf
der Marne.
veröffentlicht am Montag, 24. August 2015 um 14:34; erstellt von Endris, Werner
letzte Änderung: 24.08.15 17:30