Nun am Donnerstag 15:24 Uhr werden alle die Daumen drücken,
der Deutsche Frauen-Doppelvierer mit der Krefelderin Lisa Schmidla
an Bord rudert im Finale und versucht Edelmetall zu ergattern.
Spätestens nach dem beeindruckenden Vorlaufsieg am vergangenen
Samstag gehört das Quartett zu den Top-Favoritinnen.
Unbekannte Größe sind die Ukrainerinnen, die den
anderen Vorlauf gewinnen konnten und bisher in dieser Saison noch
nicht gegen den DRV Vierer gerudert sind. Eine weitere Unbekannte
ist das Wetter in Rio, Samstag und Sonntag noch katastrophale
Bedingungen, sind sie am Montag wieder besser geworden, aber leider
unbeständig und der unbekannte Faktor in diesem Rennen.
Einstmals als Kinderruderin beim Crefelder Ruder-Club über
die Ruder-AG der Gesamtschule Kaiserplatz zum Rudern gekommen, war
nicht abzusehen, wohin Lisa es einmal sportlich hinbringen
würde. Morgen startet Lisa Schmidla im Finale der Olympischen
Spiele in Rio, ein Traum, der Wirklichkeit geworden ist.
Spätestens seit 2012 in London, wo sie als Ersatzfrau dabei
war, war klar: "das war eine tolle Erfahrung, aber bei meinen
nächsten olympischen Spielen, wenn ich sie schaffe,
möchte ich selber rudern und nicht nur zusehen", gesagt und
getan hat es Schmidla. In den vier Jahren wurde sie nochmal
Weltmeisterin bei den U23 in der Königsklasse dem Einer. 2014
folgte der Ritterschlag mit dem Weltmeistertitel in Weltrekordzeit
bei der WM in Amsterdam, die Krönung ihrer bisherigen Kariere.
2015 dann ein kleiner Rückschlag, wenn man es denn so sehen
will, mit der Silbermedaille in Aiugeblette in Frankreich.
Vielleicht aber auch die richtige Erfahrung zur richtigen Zeit!
Schmidla ist eine gereifte Athletin, die sich inzwischen sehr gut
selber einschätzen kann. Sie gehört zu den
Leistungsstärksten und auch ihre mentale Stärke brachte
ihr die Schlagposition ein. "Ich fahre gerne Schlag, meine
Mannschaft in den richtigen Rhythmus zu bringen und sie dann
über die Schlagzahl zu puschen ist ein tolles Gefühl",
beschreibt sie ihre Position im Boot, sieht sich aber als
Teamplayer und das ist auch die große Stärke im DRV
Vierer.
Mannschaftliche Geschlossenheit im Boot, an Land treffen schon
unterschiedlich Charaktere aufeinander, die älteste und
Erfahrenste sitzt im Bug: die 31 Jährige Bundespolizistin
Annekatrin Thiele aus Leipzig, bereits mit Silber
in Peking und London dekoriert, weiß worauf es ankommt und
behält die Übersicht. Auf Position 2
Carina Bär aus Heilbronn, die 26 Jährige
Medizinstudentin kann seit London auch mit einer Silbermedaille
aufwarten, mit 1,85 Meter ist sie die größte. Es
folgt
Julia Lier aus Halle, mit ihren 24 Jahren ist die
Sportsoldatin die jüngste im Boot. Die 25 Jährige
Journalistik-Studentin
Lisa Schmidla sitzt auf Schlag.
"Den Kopf frei kriegen, ist leichter gesagt als getan, das
Rennen ist omnipräsent", erzählt Schmidla am Telefon "ist
gar nicht so einfach, aber ich hoffe auf ein wenig Ablenkung, so
dass wir dann am Mittwoch wieder die nötige Spannung aufbauen
können." Sonntag konnten sie nicht aufs Wasser, da gab es
Landtraining, starker Wind auf der Lagune Rodrigo de Freitas: " das
war nicht so schlimm, es betrifft ja auch immer alle Gegnerinnen.
Wir haben in der Halle auf dem Ruderergometer und Spinningrad
trainiert."
Montag dann ruderbare Bedingungen, einzig die Wellen der anderen
Boote, besonders der trainierenden Achter störten ein wenig.
Zusammen haben sie sich dann noch den Hoffnungslauf angeschaut:
"sehr verwunderlich, dass Australien ausgeschieden ist. Ich hatte
sie weiter vorne gesehen, aber das war auch nicht gut gerudert von
ihnen", beobachte Schmidla ihre Konkurrenz. Heute dann nochmal eine
kleine Belastung auf dem Wasser, bevor dann abends mit Trainer Sven
Ueck das Rennen durch gegangen wird.
Morgen früh werden sie gegen 6:00 Uhr Ortszeit aus dem
Olympischen Dorf los fahren, ca. 1. Stunde brauchen sie mit dem
Shuttle zur Strecke. Dann wird noch 5 km auf dem Wasser trainiert,
nochmal den Kreislauf in Schwung bringen und einen Eindruck von der
Strecke verschaffen. Dann haben sie bis 9 Uhr Zeit sich zu
entspannen, meistens wird noch ein wenig Musik gehört und wenn
sie wollen können sie noch einen kleinen Imbiss zu sich
nehmen.
90 Minuten vor dem Rennen beginnt die Routine: Boot checken,
Umziehen. 60 Minuten vorher nochmal letzte Besprechung mit dem
Trainer, dann geht es 40 Minuten vorher zum Boot und
spätestens 30 Minuten vorher auf das Wasser. Dann endlich
läuft das ab, was sie das letzte Jahr immer und immer wieder
geübt haben, dann fühlt man sich sicher.
"Ich bin dann immer froh, wenn wir auf dem Wasser sind, der
Moment am Startblock ist nochmal sehr angespannt, aber wenn die
Startampel auf Grün umspringt, ist es wie eine Erlösung,
dann freue ich mich und habe richtig Bock, wenn das Boot Tempo
aufnimmt, ich liebe das", fiebert Schmidla diesem Moment entgegen.
Im Finale rudern sie gegen die Ukraine, Niederlande, Polen, USA und
China. Die beiden letztgenannten Boote sollten nach den
Vorleistungen eher eine Nebenrolle spielen, aber alle anderen Boote
sind brandgefährlich: "spätestens seit der WM in
Frankreich nehme ich keinen mehr auf die leichte Schulte", so
Schmidla über ihre Gegnerinnen.
In ihrem Heimatverein fiebern alle mit, es gibt für alle
ein Public Viewing, das ab 15:00 Uhr los geht. Der WDR hat sein
Kommen angekündigt und auch Schmidlas Familie wird vor Ort
sein. Wer Lisa Schmidla anfeuern möchte ist herzlich in das
Bootshaus an der Bataverstraße eingeladen.
Lisa kann an diesem Tag für den Crefelder Ruder-Club
Geschichte schreiben, denn noch nie gab es eine Olympische
Medaille, wir drücken die Daumen und sind schon jetzt Stolz
sie Morgen im Rennen bewundern zu können - "Lisa-Fieber" - Go
LISA Go!
veröffentlicht am Dienstag, 9. August 2016 um 18:17; erstellt von Hummels, Wilhelm
letzte Änderung: 11.08.16 09:12