Jumbo - Wolfgang Plottke - Bronzemedaillengewinner im "Funnekötter"-Vierer ohne auf den Olympischen Spielen 1972 in München verstarb im Alter von 75 Jahren am 21. März 2024.
Wolfgang „Jumbo“ Plottke, von seinen Viererkameraden auch liebevoll „Jumböchen“ oder „Jümbchen“ tituliert, war ein echtes Kind des Ruhrgebiets, Subspezies Kanalverein. Altgediente Ruderer wissen, wie das gemeint ist. Praktiker, handfest, zupackend, Lebensbejahend, Malocher, mit beiden Beinen fest geerdet.
Der Ruhrpott-Vierer von 1970 bis 1972 mit Peter Funnekötter, Joachim Goofy Ehrig, Claus Schneggenburger bzw ab 1971 Franz Held: Ein Handwerker und drei hochnäsige, abgehobene Studenten – um Rüdiger Hoffman zu zitieren: „Es war furchtbar, aber es ging!“ Die Studenten kriegten sich regelmäßig in die Wolle und diskutierten alles aus, bis Jumbo mit einem seiner unnachahmlichen Sprüche die Lacher auf seiner Seite hatte und die Lage entschärfte.
Oder wie unser Trainer, der damalige Landestrainer Siegfried Kuhlmey-Becker, einmal sagte: „Wo Jumbo ist, ist gute Laune“. Kuhli meinte später, Jumbo habe ihm in der Anfangszeit seine Körpergröße mit 189 angegeben, deswegen habe er ihn in den Vierer gesetzt. Dabei war Jumbo nur 184 groß. Jumbo hatte mit seinen Bootskameraden 3 Jahre lang eine sehr intensive und erfolgreiche Zeit, die ihn und uns geprägt hat.
Jumbo war Heizungs- und Klimatechniker, aber mit Zahlen hatte er es nicht immer. Eine kleine Auswahl seiner berühmten Sprüche:
„Funne, wo sind denn die anderen drei aus unserem Vierer?“
„Wie siehst du eure Chancen auf eine Medaille?“ Kurzes Nachdenken, dann: „Ja, so achtzig – achtzig.“
Streckenfahren in Ratzeburg, u.a. 6 x 560 m am Sonntagmittag, wie das damals so üblich war. Mitten während der 4. Strecke rief Jumbo: „Eyyhh, guckt mal! Ein Arsch voll junger Schwäne!“ Es waren aber Gänse, wir mussten vor Lachen abbrechen, eine Fortsetzung des Streckenfahrens war uns unmöglich.
„Das ist eine Rüdin, das hört man am freudigen Gebell!“ Wir anderen drei waren heilfroh, dass uns ein stabiles Gitter vor der zähnefletschenden Bestie schützte.
Wumtata-Schlag:
Jumbo bekam einen Eintrag in das Vokabular der Biomechanik durch seinen Wumtata-Schlag, der den Filigran-Techniker Funnekötter immer mal wieder zur Weißglut brachte.
Ruderische Erfolge:
Seine Laufbahn begann im RC Marl 1963, wo der damalige Bootsmeister Franz Kuhn von einem kommenden Supertalent mit unglaublichen Muskeln schwärmte. Seine erfolgreichen Jahre begannen 1968 mit seinem Wechsel zum ARV Westfalen Münster, wo Peter Funnekötter nach 3 Jahren erfolglosen Ruderns schon aufhören wollte. Jumbo brachte dann aber richtig Schwung in den Zweier-ohne. Die Beiden katapultierten sich 1969 ganz nach oben mit einer Silber-Medaille nur 4/ 100 Rückstand bei den DM und einem 2. Platz auf dem Rotsee Luzern. Sie hätten bereits bei der WM in Klagenfurt in den Achter oder Vierer-ohne gehört, der DRV ließ ihnen aber nur eine Ersatzrolle.
Unser Trainer Kuhli - Kuhlmey-Becker baute dann im Herbst 1969 mit Goofy Ehrig und Claus Schneggenburger einen neuen Vierer-ohne, der prompt voll einschlug mit dem Sieg auf den Internationalen DM und der Silber-Medaille bei der WM in Kanada hinter dem Dresdener „Wundervierer“ aus der DDR. 1971 ruderte Franz Held aus Passau anstelle von Claus Schneggenburger und der „Ruhrpott-Vierer“ holte bei der WM in Kopenhagen bei der „Wind-WM“ Bronze und als Höhepunkt Bronze bei den Olympischen Spielen 1972 in München.
Seine letzten 15 Jahre waren gesundheitlich oft schwierig, so erlebte er 2022 nur im Rollstuhl in München die 50jährige Jubiläumsfeier der Olympischen Spiele von 1972. An dieser Stelle einen ganz lieben Dank an seine Frau Beate für ihre aufopferungsvolle Pflege von Jumbo.
Jumbo konnte dadurch ein letztes Mal anlässlich der Ruder-EM die Atmosphäre der Olympiastrecke genießen.
Danke Jumbo für diese unvergessliche Zeit und dass wir mit dir die unbeschreibliche Leichtigkeit des Ruderns erleben durften, wenn unser Vierer scheinbar mühelos über das Wasser glitt.
5.04.2024
Joachim Ehrig, Dr. Peter Funnekötter, Dr. Franz Held
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Der 4- mit Ehrig, Plottke, Held, Funnekötter auf der Regattabahn in Oberschleißheim 1972
und hier der Vierer ohne mit Claus Schneggenburger 1971
veröffentlicht am Freitag, 5. April 2024 um 11:12; erstellt von Hummels, Wilhelm
letzte Änderung: 06.04.24 10:46